Baudelaire sagte einmal, er habe die Worte seiner Gedichte auf den Pariser Straßen gefunden. Für viele Kunstbewegungen des 20. Jahrhunderts wie Surrealisten und Situationisten war die Stadt zentrales Objekt des Begehrens bzw. der Produktion. Heute findet ein großer Teil der Kunstproduktion in der Stadt selbst statt; sie ist nicht mehr bloßer Hintergrund, sondern die Arbeit selbst oder ein Teil davon. Im Laufe des Kurses werden wir genau diesen Fragen nachgehen: Stadt, Bild, Architektur, Poesie, Ideen – kurz, den vielen wundersamen Dingen, die uns allseits umgeben (so wie Baudelaire von seinen Worten umgeben war). Wir werden über Städte im Allgemeinen sprechen, aber auch über die kleine Stadt Salzburg. Drei „Experten“ werden verschiedene Aspekte der Stadt erklären und sie mit der Gruppe diskutieren. Wir wollen sie gemeinsam erkunden und versuchen, den uns umgebenden kleinen Dingen Sinn abzugewinnen – wie in einer Mythologie des modernen Lebens.
Dieser Workshop ist interdisziplinär und antispezialisiert in dem Sinne, dass er keine künstlerische Produktion einer anderen vorzieht. Die Teilnehmenden werden ermutigt, ihre Ideen und Konzepte mit allen möglichen Mitteln zu formulieren, die ihnen notwendig erscheinen – vom einfachen Text, über Zeichnungen und Skizzen bis zu Installationen oder Performances. Denn nicht die Form an sich ist wichtig, sondern die Schärfe und Relevanz der Idee.
Als Abschlusspräsentation des Kurses wird es einen von den Teilnehmenden geführten Spaziergang geben. Ein Stadtspaziergang mit verschiedenen Stimmen, bei dem jede/r (als einzelne Personen oder als Gruppe) sein/ihr Projekt präsentiert, das während des Kurses entwickelt wurde.
Eckdaten
- Ort
- Festung Hohensalzburg
- Datum
- 30. 7. – 11. 8. 18
- Voraussetzungen
- Es wird empfohlen, André Bretons Nadja und/oder Walter Benjamins Einbahnstraße zu lesen.
- Mitzubringen sind
- Laptop, Kamera, wenn möglich auch ein Tonaufnahmegerät
- Unterrichtssprache
- Englisch
- Co-Lehrender
- Dorit Ehlers
Tony Chakar
Tony Chakar, geboren 1968 in Beirut, ist ein libanesischer Architekt und Schriftsteller, dessen Werk Literatur, Philosophie und Theorie vereint und international in zahlreichen Ausstellungen gezeigt wird. In seiner Lecture-Performance One Hundred Thousand Solitudes (2012) untersucht er Bilder, die im Zuge der Arabellionen entstanden sind. Chakar zeigt, wie Städte jenseits der nahöstlichen Metropolen, die einst als rückständig und vernachlässigbar galten, zu kreativen Zentren der Revolte gegen politische Unterdrücker wie Bashar al Assad wurden. In der Performance kommt auch das Bild eines Demonstranten mit einem Schild vor, auf dem steht: From Egypt to Wall St. Don’t be afraid. Go ahead (Von Ägypten zur Wall Street, fürchtet euch nicht. Macht weiter so). Das Bild zeigt, dass sich die BürgerInnen Ägyptens zu artikulieren wissen und auch ihre MitstreiterInnen in den westlichen Demokratien dazu ermuntern, ihre Gegnerschaft gegen aktuelle Vertreter von Autorität und Macht kundzutun. Chakar schreibt regelmäßig für verschiedene Kunst- und Architekturzeitschriften und unterrichtet Kunst- und Architekturgeschichte an der Académie Libanaise des Beaux-Arts, Universität Balamand in Beirut.
Ausstellungen
2018 Van Abbemuseum, Eindhoven (NL). 2017 On Becoming Two, Beirut Art Center, Beirut. 2014 Bienal de São Paulo (BR). 2013 Sharjah Biennial, Sharjah (AE).
Publikationen
Tony Chakar: „Down with the World“, in: e-flux: Superhumanity ein Projekt von e-flux Architecture im Rahmen der 3. Istanbul Design Biennale (Stand: 5. Dezember 2017).
Tony Chakar: „To Speak Shadow“, in: Afterall: A Journal of Art, Context and Enquiry, 35, The University of Chicago Press, Chicago 2014.
Haig Aivazian: „Tony Chakar: On Black Holes“, in: Afterall: A Journal of Art, Context and Enquiry, 35, The University of Chicago Press, Chicago 2014.
Tony Chakar: „On seeking incuriously“, in: Erick Beltrán, Nuria Enguita, Charles Esche (Hg.), How to (...) things that don’t exist, Ausst.-Kat., 31st Bienal de São Paulo, Fundação Bienal de São Paulo, 2014.
